Nach der Operation des Akustikusneurinoms verbringen die Patientinnen und Patienten in der Regel ein paar weitere Tage im Spital. Zur regelmässigen Überwachung müssen sie sich in den Folgejahren mehreren MRT-Kontrollen unterziehen. Mögliche unerwünschte Operationsfolgen sind die (einseitige) Abnahme oder Verlust des Hörvermögens, eine (oft nur temporäre) Lähmung des Gesichtsnervs, das Austreten von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit oder eine Hirnhautentzündung.
Die Dauer des stationären Aufenthalts beträgt meistens zwei bis vier Tage. Nach der Operation des Akustikusneurinoms bleibt die Patientin oder der Patient meistens eine Nacht auf der Intensiv- oder Überwachungsstation. Am darauffolgenden Tag findet eine Schädel-CT statt. Wenn eine Blutung ausgeschlossen werden kann, wird die Patientin oder der Patient auf die Normalstation verlegt. Dort wird die Wunde regelmässig kontrolliert und die Funktion des Gesichtsnervs überprüft. Ausserdem wird eine Tonaudiometrie, also eine Messung des subjektiven Hörvermögens für Töne, durchgeführt. Wenn die Patientinnen und Patienten keine oder nur noch geringe Beschwerden aufweisen, können sie das Krankenhaus verlassen.
In der Regel benötigen die Operierten einige Wochen, um sich vom Eingriff zu erholen – dies kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Für sechs bis zwölf Wochen nach der Operation sollten zu starke körperliche Betätigungen unterlassen werden. Auch Wasser darf für zwei Wochen nicht an die Operations-Wunde und an das jeweilige Ohr gelangen.
Meistens findet einige Wochen nach der Operation die erste ambulante Nachkontrolle statt. Je nach Verlauf der Operation und möglicher Beschwerden können auch weitere Kontrolltermine vereinbart werden. Die Nachsorge ist je nach Therapiezentrum unterschiedlich und kann unter Umständen auch von niedergelassen Ärztinnen und Ärzten im Wohnort der Patientin oder des Patienten übernommen werden.
Wenn das Akustikusneurinom komplett entfernt wurde, sollte ein Jahr nach der Operation ein Verlaufs-MRT durchgeführt werden. Im dritten Jahr nach der Operation wird ein erneuter Scan empfohlen.
Im Falle einer unvollständigen Entfernung des Vestibularisschwannoms sollten die MRT-Kontrollen regelmässiger stattfinden. Die erste Bildgebungs-Untersuchung sollte bereits drei bis sechs Monate nach der Operation erfolgen. In den Jahren zwei, drei und fünf sollten weitere MRT-Kontrollen durchgeführt werden.
Sowohl bei kompletter als auch bei teilweiser Entfernung des Akustikusneurinoms können weitere Kontrollen erfolgen - zum Beispiel zehn oder 15 Jahre nach der Operation.
Bisweilen tritt wasserklare Hirnflüssigkeit aus Wunde, Nase oder Ohr aus. Kleine sogenannte Liquorlecks schliessen sich oft von selbst. Geschieht das nicht, wird durch eine sogenannte Lumbaldrainage der Druck im Kopf abgebaut und/oder das durch MRT ermittelte Leck mit körpereigenem Material oder Knochenkleber abgedichtet.
Bereits vor der Operation eingetretener Hörverlust bleibt häufig bestehen. Wird der Hörnerv während der Operation stark in Mitleidenschaft gezogen oder gar beschädigt, führt das zu Schwerhörigkeit oder Taubheit auf dem jeweiligen Ohr. Ausfälle der Hörfunktion lassen sich je nach dem durch geeignete Hörhilfen kompensieren. Bei vielen Betroffenen verschlechtert sich mit der Zeit das Hörvermögen auf dem betroffenen Ohr. Dies führt häufig zu Schwierigkeiten mit der Lokalisation von Geräuschen und mit dem Verstehen von Gesprächspartnern in einer lauten Umgebung. Solchen Patienten können spezielle chirurgische wie auch nicht-chirurgische Hörhilfen angeboten werden, welche die Übertragung von Geräuschen vom kranken auf das gesunde Ohr ermöglichen. In speziellen Situationen kommt auch ein Cochleaimplantat infrage. Jedoch entscheiden sich sehr wenige Patienten (weniger als ein Drittel der Betroffenen) für die Verwendung einer solchen Hörhilfe, da sie sich schlichtweg an das Hördefizit gewöhnen.
Eine operationsbedingte Irritation des Gesichtsnervs kann zu einer leichten Gesichtslähmung (Fazialisparese) führen, die meist von selbst wieder verschwindet. Aber auch sie sollte physio-therapeutisch therapiert werden. Falls das Auge nicht aktiv geschlossen werden kann, muss es abgeklebt werden und mit Augentropfen und -salben behandelt werden. Danach sollte eine Augenärztin oder ein Augenarzt konsultiert werden, insbesondere wenn sich die Lähmung nicht verbessert. Häufig ist jedoch in den ersten 6 Monaten nach der Behandlung eine Verbesserung der Lähmung zu beobachten. In seltenen Fällen können auch bis zu 18 Monate nach der Operation Erholungserscheinungen auftreten.
Bei schweren Schädigungen des Gesichtsnervs kann es zu einer Parese kommen, die sich nicht mehr vollständig zurückbildet. Hier können korrigierende nachfolgende Operationen die Beschwerden verringern. Zum Beispiel durch Augenverschluss, Geradestellen des Mundes oder Wiederherstellung der Mimik. Des Weiteren gibt es Spezialistinnen und Spezialisten, welche die Funktion des Gesichtsnervs durch einen chirurgischen Eingriff wiederherstellen können. Auch physiotherapeutische Bewegungstherapien können Besserung bringen.
Kurz nach der Akustikusneurinom-Operation auftretender Schwindel ist eine sehr häufige Beschwerde. Damit einher gehen Gleichgewichtsstörungen, welche das Risiko für Stürze erhöhen. In der Regel dauert es jedoch nur ein paar Tage oder maximal Wochen, bis diese Beschwerden wieder verschwinden. Treten die Schwindel- und Gleichgewichtsstörungen länger auf, hat dies nur selten mit der Operation des Akustikusneurinoms zu tun. Vielmehr geht man von mehreren Ursachen aus. Das Gleichgewicht und Sturzrisiko sollten in diesen Fällen ausführlich untersucht werden. Anschliessend folgt häufig ein physiotherapeutisches Schwindel- und Gleichgewichtstraining zur Behandlung. Diese Massnahmen können auch direkt nach einer Operation angewandt werden.
Über die Eintrittswahrscheinlichkeit der oben genannten Komplikationen gibt es eine Vielzahl von Studien. Die untenstehende Tabelle fasst die Resultate zusammen. Allerdings sind die Statistiken mit Vorsicht zu geniessen, weil Datenauswertungen von Tausenden Patientinnen und Patienten generell keine Rückschlüsse auf den Einzelnen zulassen. Hinzukommt, dass die Studien nicht wirklich zwischen individuellen Ausgangszuständen unterscheiden können. Dennoch erlauben die Statistiken eine Vorstellung davon, mit welcher Wahrscheinlichkeit gewisse Komplikationen eintreten. Individuelle Faktoren, welche das Eintrittsrisiko beeinflussen, sollten dabei aber berücksichtigt werden.
Mögliche Komplikationen | Eintrittswahrscheinlichkeit | Individuelle Risikofaktoren |
---|---|---|
Austreten von Gehirnflüssigkeit | 9 % bis 13 % | Männliches Geschlecht, Übergewicht |
Hirnhautentzündung (nichtbakterielle oder bakterielle Meningitis) | 1% bis 4% | Sehr grosser Tumor (Koos-Grad IV), hoher Blutverlust während des Eingriffs, lange Operationsdauer |
Verlust eines alltagstauglichen Hörvermögens* | Bei kleinen Tumoren (< 1.5 cm): 30 % bis 60%. Bei grossen Tumoren (> 2.5 cm): Mehr als 95% | Präoperativ vorbestehender Hörverlust, grösserer Tumor, ungünstige Lage des Tumors, komplette Tumorentfernung |
Permanente Schwäche des Gesichtsnervs* | Bei kleinen Tumoren (< 1.5 cm): Weniger als 10%. Bei grossen Tumoren (> 2.5 cm): Ca. 50% | Höheres Alter, grösserer Tumor, präoperativ länger bestehende Symptome, ausgeprägte Taubheit, ungünstige Lage des Gesichtsnervs, komplette Tumorentfernung |
Mortalität | 0.5 % | Mehrere oder schwere Vorerkrankungen |
*Um diese Risiken zu reduzieren, wird häufig ein Tumorrest um den Hirnstamm und den Gesichtsnerv belassen. Je mehr Tumor zurückgelassen wird, desto höher ist das Risiko, dass dieser wieder wächst. Ein dann allenfalls erneut wachsender Tumor wird meist mittels Radiotherapie behandelt.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Wahl der Chirurgin oder des Chirurgen. Die Operation sollte nach Möglichkeit in einem Therapiezentrum durchgeführt werden, in dem viele Vestibularisschwannome behandelt werden. In solchen sogenannten «high-volume» Zentren kommt es nachweislich zu weniger Komplikationen bei einer Akustikusneurinom-Operation und der Spitalaufenthalt ist kürzer. Wichtig ist auch, sich von der Chirurgin oder dem Chirurgen über seine individuellen Chancen und Risiken aufklären zu lassen und sich gegebenenfalls eine Zweitmeinung in einem anderen Zentrum einzuholen und/oder sich von unabhängigen Patientenorganisationen beraten zu lassen. Das Forum Akustikusneurinom legen wir an dieser Stelle ebenfalls ans Herz.
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